Ich will in die Welt schreien: Ich fühle mich! Ich fühle alles. Ich lasse mich nicht mehr verdrängen. Die Leere noch so nah am Herzen – denn kennst du das, wenn deine Brust ein Wespennest ist, das ausgeräuchert wurde? Stirb. Fühl dich nicht. So schlimm ist das doch gar nicht. Denn die Menschen meinen es nur gut, wenn sie uns raten: Bleib. Bleib im Praktikum, das dich schlachtet. Bleib in dem Zuhause, wo das Gewitter wohnt. Bleib in der Beziehung, die dich biegt und bricht. Bleib in dem Job, der dich kreuzigt.
Und ich will sagen: Bitte bleib nicht. Bitte setz deine Grenzen. Bitte hol dir Hilfe. Bitte bleib laut. Bitte bleib am Leben. Bitte bleib sensibel. Das Ende schaut vielleicht aus wie die Landschaft von Mordor, doch wenn du dich ihr nicht stellst, bleiben nur die Sümpfe mit den anderen Toten. Bitte hört auf, eure Gefühle zu verdrängen. Das führt nur zur Leblosigkeit, zu Angst, zu Hass. Menschen, die sich nicht fühlen, machen andere für ihre Probleme und ihren Schmerz verantwortlich. Und gerade jetzt brauchen wir Liebe. Gerade jetzt brauchen wir Menschen, die keine Angst davor haben, sich selbst zu begegnen, auch in den unangenehmen Ecken: Sei es Scham, Wut oder Frustration.
Gerade jetzt braucht es Menschen, die fühlen. Ich dachte, ich muss meine Angst verjagen, ich dachte, gerade jetzt muss ich stark sein, Hoffnung predigen, so tun, als würde es mich nicht kümmern, aber beim Universum, wie verdammt es mich kümmert, was passiert. Und das ist nicht mein Verderben, sondern mein Anstoß zur Veränderung. Genau jetzt brauchen wir sensible Menschen, gerade jetzt brauchen wir Empathie, gerade jetzt brauchen wir eine Sanftheit, die sagt: Ja, ich habe fürchterliche Angst vor dem, was passiert. Ich weiß, dass da die Ohnmacht sitzt und auf eine Umarmung wartet. Aber lasst eure Wut zu. Genau jetzt ist sie unsere stärkste Waffe. Sprecht mit eurem Umfeld über eure Angst und lasst weiterhin die Freude zu, denn Hass hasst diesen Trick. Bleibt bei Bewusstsein. Wir sind nicht allein. Ich weiß, dass wir zusammenhalten und zusammenstehen, denn unsere Herzen glühen und spenden Wärme.
So. Das musste ich ganz dringend einmal loswerden.


Gib mir Bunt
Denn November und Dezember waren schrecklich – da war auch Licht, versteht mich nicht falsch, aber auch Ohnmacht, Erschöpfung, Hilflosigkeit. Diese ständige Frage nach: Was tue ich jetzt? Manchmal wünsche ich mir, ich könnte mich politisch besser ausdrücken, Reden schreiben, eben in diesem Feld agieren, ich wünsche mir, ich wäre Comedian, die mit Humor auf Missstände aufmerksam macht. Das sind die Momente, wo es mir nicht reicht, Schriftstellerin zu sein, weil ich mir denke: Ich bin die falsche dafür. Ich habe Geschichte und Germanistik studiert, in beiden Fächern den Schwerpunkt Nationalsozialismus gewählt und ich will wach und aufmerksam bleiben. Ich höre zu, ich recherchiere, ich lese, ich teile und trotzdem versagt mir in Tischdiskussionen die Stimme.
Es brauchte ein paar Runden und vor allem viele Videos von Alok Menon. They erklärt mit Liebe, Sanftheit und oft mit sehr viel Humor über die Missstände auf, über Hass, über Angst – they macht weiter, weil they weiß, sonst haben die anderen ja genau das, was sie wollen. Sobald wir hoffnungslos sind und uns keine bessere Welt mehr vorstellen können, haben die anderen gewonnen. Ich kann Alok wirklich sehr empfehlen.
Denn das hat mich daran erinnert, was ich kann, wofür ich meine Stimme nutzen will und wie ich mich engagiere, ohne, dass ich mich dabei ausbrenne. Ich mache weiter wie bisher, denn ich schreibe ja bereits Geschichten, in denen ich mich um Sichtbarkeit und Diversität bemühe. Bei mir gewinnen Liebe, Empathie und Träume und mit meiner Sanftheit werde ich über die Welt hinwegrollen, ihre Stacheln werden mich nicht stoppen.
Ich mache weiter mit meinen Schreibkursen und werde die Menschen noch ein Stück mehr darin unterstützen, ihre Gefühle zu benennen. Ihren Schmerz zuzulassen und ihn nicht in Hass und Angst zu verwandeln, sondern zu bleiben. Bei sich selbst.
2024 hat 13 Monate
2024 ging für mich in Verlängerung. Da gab es zwei Punkte, an denen ich komplett vorbeigesegelt bin, nur um sie im Jänner zu fühlen und zu erfüllen. Eines davon ist Kochen mit Zeit. Neue Rezepte probieren, austesten, kosten, geduldig sein. Ich fühle mich wie eine Hexe. Kochen ist für mich das Kindischste überhaupt und ich verstehe wieder, warum ich früher so gern verschiedene Gerichte mit Popcorn und Sand gezaubert habe. Die Töpfe, das Mischen, das Probieren. Krass, dass mir als Erwachsene jetzt niemand mehr verbieten kann, wie viel Zimt ich in meinen Teig schmeiße. Manche Dinge brauchen eben einfach den richtigen Zeitpunkt und Raum - das ist absolut okay.



Vor dem zweiten Wunsch hatte ich zugegeben etwas Angst: Meine Welt herzeigen. Und im Jänner habe ich dann meine erste, queere, fantastische Kurzgeschichte veröffentlicht und bin in ein Bett aus Liebe, Lob und Hoffnung gefallen. Ich habe noch nie so viele Nachrichten zu einer Geschichte erhalten, so viele Abos (darunter zwei Paid-Abos!) und so viel Unterstützung. Ich danke euch von Herzen dafür, dass ihr offenbar gerne mit mir träumt und flüchtet. Ich hoffe, die Geschichte konnte euch trösten, aufbauen, ablenken. Ihr findet sie weiterhin hier: Atraxas.
Und wo wir schon beim Thema wären: Ich habe vor ein paar Tagen die 100 Abo-Grenze überschritten. Ganz viele Menschen schwemmen zu mir von Kathrin Lange und ihrem großartigen Blog „Plotten für Chaoten“ hinüber – an der Stelle mein herzlichsten Dank für die Empfehlung von meinem Blog. Und auch das wärmste Danke an Karla Eklund, die niemals müde zu werden scheint, meine Beiträge zu teilen. Die hat übrigens auch einen fabelhaften, authentischen und gefühlvollen Blog, den ihr hier findet. Es ist ganz seltsam, dass nun so viele Menschen meine Gedanken direkt in ihr Postfach erhalten und trotzdem danke ich euch für euer Vertrauen und eure Zeit. Das ist für mich alles andere als selbstverständlich und es freut mich zutiefst, dass ihr alle hierher gefunden habt.
Mein Tempo, mein Prozess
Ich lerne, mir zu vertrauen. Langsam. Ich habe in den letzten zwei Jahren zwei Bücher geschrieben. Die werden nicht verwelken – ihr seid meine Zeug*innen. Und ja, natürlich ist es Angst, dass ich nach dem ersten Buch nicht sofort das Exposé beendet habe, verschickte, wartete und nach vorne startete, Geld sparte, falls es doch ins SP gehen würde. Und zugleich ist es eine Sicherheit, die ich mir bieten möchte. Nach wie vor. Ich schreibe das erste Mal eine Reihe – als ich als Jugendliche versucht habe, eine Reihe zu schreiben, brach ich jedes Mal nach den ersten Bänden ab. Ich brauche Wachstum und noch mehr Geduld. Ich hatte Wünsche und Ziele für 2024 und manche haben sich ohne Druck im Jänner entfaltet. Letztes Jahr war offenbar noch nicht die Zeit für meine Fantasywelt, dafür ist sie jetzt da und ich kann sie tragen. Dasselbe mit dem Kochen - da mussten sich erst ein paar andere Gefühle und Dinge in mir klären, bevor ich mich darauf einlassen konnte.
2025 habe ich mir vor allem vorgenommen, öfter Nein zu sagen. Mittlerweile verstehe ich, wie sich ein Ganz-Körper-Ja anfühlt und dass ich mich nicht zu Dingen überreden zu brauche, wenn ich sie nicht fühle. Und das andere: Pausen.
Und um zu meiner Fantasytrilogie zurückzukehren: Ich werde wohl nie müde, das zu sagen – es ist mein erster Roman, es ist meine erste Trilogie. Von Handlungssträngen, zu Figurenplanung, Szenenlänge – da sind so so so viele Dinge, auf die mich niemand vorbereitet hat und das, obwohl ich bereits seit gut 16 Jahren aktiv schreibe.
Ich mache mir so viel Druck, was den dritten Band anbelangt: Jetzt kann ich mich nicht mehr hinausreden. Nach Band 1 und 2 haben ich jedes Mal gesagt, ach ja, da kommt noch was, ich bin noch lange nicht fertig. Jetzt fühlt es sich seltsamerweise so an, als würde ich mich auf einer Zielgeraden befinden und das, obwohl ich die drei Bücher wohl noch lange begleiten werden darf, egal, wie ihr Weg aussieht. Ich will nicht davonlaufen, ich will mich nicht aufhalten lassen. Trotzdem ist es ein ganz schräges Gefühl, dass nun all die Handlungsstränge zusammenlaufen dürfen.
Und ich habe mir vor allem eines versprochen: Ich lasse mir Zeit und ich bleibe dran. Meine Hauptfigur und ich haben schon so viel gelitten (und damit meine ich nicht einmal all die Dinge, die uns in der Geschichte zugestoßen sind) – wir haben ein Ende verdient. Das heißt, ich darf einen Teil loslassen. Denn auch, wenn ich dann wieder Handlungsstränge verwerfe, Figuren schärfe und über das Magiesystem fluche, die erste Rohfassung bleibt eben die erste Rohfassung. Und mein bis jetzt wichtigstes Learning war: Jedes verdammte Wort hat mich dorthin gebracht, wo ich heute bin. Nur weil ich es zugelassen habe, alles falsch zu machen, konnte ich überhaupt erst lernen, wie ich es machen will. Ich habe schon so viele Ratgeber über das Romanschreiben gelesen - aber keiner konnte mich auf die Umsetzung vorbereiten. Klar, habe ich mir Plotgerüste geliehen und an mich angepasst, aber es gab immer wieder Überraschungen, auf die ich heute super stolz bin. Leute, ich schreibe eine queere, wilde, emotionale Fantasytrilogie. Ich mache das, was ich immer machen wollte - wie krass ist das bitte?
Und ich wünsche mir, dass ich diese Reise genieße und mich von meiner Angst und all den Erwartungen an mich selbst nicht so viel einschüchtern lasse. Eines nach dem anderen. Nur Mut.
So schön! Erst gestern hatte ich ein Gespräch an der Arbeit. Meine HRlerin riet mir aus eigener Erfahrung mir ein dickes Fell zuzulegen und härter zu werden. Und alle sind mir schreit nein. Wieso sollte ich als sensible Frau lernen, wie ich mir vermeindlich männliche Businesstaugliche Werte anlege und mein Herz kühl werden lasse? Wieso soll ich mich ändern, wenn es die Gegenseite ist, die mich verletzt?
Und wie sollte darauf jemals eine liebevolle Welt entstehen, die für hochsensible Menschen inklusive ist?