Da sprach sie vom tiefen Tauchen und plötzlich verschwand sie im Meer. Ich startete einen kreativen inktober mit der Frage: Wie sehr kann ich meiner Kreativität vertrauen? Und damit brachen so viele Vertrauensfragen auf mich herein: Vertraue ich meinem Körper, vertraue ich meinem Bauchgefühl, kann ich Verantwortung für mich selbst und meine Gesundheit übernehmen?
Aber beginnen wir mal ganz am Anfang:
Warum der Herbst mich jagt
Herbst und ich waren lange keine Freunde. Es war meistens die schlimmste Zeit für mich im Jahr – wenn ich verlassen wurde oder mich trennte, dann im Herbst. Das wiederholte sich als Jugendliche so oft, dass ich irgendwann sogar schreckliche Angst davor hatte, dass die Jahreszeit beginnt. Hier verlor ich immer die Kontrolle über mein Kartenhaus-Leben. Alles, was ich mir mühsam zusammenbaute, fiel ineinander. Noch dazu war Herbst auch in der Schulzeit immer Stress pur: Wieder ein neues Schuljahr, neuer Stoff, wie werde ich mich einleben? Jedes Jahr konnte ich mir erneut nicht vorstellen, das Jahr zu schaffen, obwohl ich eine durchschnittlich gute Schülerin war.
Herbst begann nur langsam eine Jahreszeit ohne Angst für mich zu werden. Irgendwann fand ich Gefallen an dem Gedanken, alles loslassen zu dürfen, was mir nicht mehr diente: Ob Eigenschaften, Glaubenssätze, Kleidungsstücke. Ich genoss den Rückzug. Ich liebe es, Pullover zu tragen und mich einzukuscheln. Im Nachhinein all dieser Herbstzeiten, die mein Kartenhaus auseinandernahmen: Universum sei Dank. Denn alles, was ich mir zusammenbaute, diente dem, was ich mir dachte, dass andere von mir erwarten und wollen und sich wünschen. All die Freundschaften, die zerbrachen, taten fürchterlich weh und trotzdem ist es gut so.
Ja, mein Kartenhaus-Leben - heute werfe ich die Karten selbst in den Wind und schau mal, wohin sie mich tragen - sie sind wohl eher ein Kartensegel, das ich für mein Boot nutze. Es ist ein Spiel aus: Ich übernehme Verantwortung und ich gebe die Kontrolle ab. Ich dachte, ich wachse diesen Monat aus meiner Comfort-Zone hinaus und hatte eine klare Darstellung davon. Kam ganz anders und war trotzdem ein Hinausbewegen: Die people pleaserin sagte mehrfach nein, nicht, weil schon wieder alles brannte oder sie in Ohnmacht ertrank, sondern weil sie wollte und rechtzeitig erkannte, dass sie die Energie dafür nicht hat. Ich habe aufgrund einer Krankheit meine Lesung abgesagt, was ich bis vor ein paar Jahren niemals getan hätte und wenn ich mich vollgepumpt mit Schmerzmittel hinschleppen hätte müssen, ich wäre gegangen. Und Überraschung: Niemand war sauer oder erschrocken über meine Neins. Und ich liebe das Gefühl, dass ich mir im Rückzug ein Stück Verantwortung und Selbstwert zurückerobert habe.
Dementsprechend war dieser Oktober sehr rau und emotional und dicht. Ob das Weltgeschehen, Familie, Angst, Stress - das war viel und gleichzeitig bin ich mit einem Umfeld gesegnet, das mich im Notfall hält und in all den Meerestiefen mal mit einer Dose Sauerstoff versorgt. Und trotzdem war es ein ganz eigener Erfolg, was meine körperliche und mentale Gesundheit anbelangt, weil ich mich endlich sehe und wahrnehme und langsam wirklich verstehe, auf meinen Körper zu hören. Es ist ein bisschen schräg, wie normal es bis jetzt war, nach meinem Kopf zu handeln.


Noch dazu sind unfassbare Wunder passiert in diesem Monat: Es gab Nachwuchs in der Familie, ich bin Tante geworden und ich schwöre euch, kleine, schlafende und seufzende Babygesichter lassen eine kurz alles vergessen. Ich wurde zu einem Podcast übers Träumen eingeladen. Ich habe angefangen, meine Kurzgeschichten zu kleinen Büchern zu formatieren, zu binden und zu nähen. Denn: Ich habe vier Absagen eingesammelt und beschlossen, dass mich das nicht davon abhält, meine Geschichten mit euch zu teilen.
Neuer Fantasyroman - check!
Und in dieser Langsamkeit, die ich mir wieder zurückerobert habe, überarbeitete ich meinen Roman, der letzte Woche in seiner finalen Version fertig wurde. Ich habe mich so gefreut. Und die neue finale Szene, die ich aufgrund einer Plotverwirrung schreiben musste, ergibt einfach so viel mehr Sinn, haha. Dabei kochte ich in meiner Verzweiflung nochmal richtig hoch und habe das getan, was wohl am wichtigsten war: Distanz und mit jemanden darüber reden. Schließlich zeigte sich das Plothole schnell (ist immer ein bisschen blöd, wenn die geheimnisvolle Figur auch der Autorin das Geheimnis nicht erzählt).
Es ist seltsam – dieser Moment, in dem ich weiß, ich habe alles getan, was ich tun konnte. Ich habe meine Figuren eingefangen, den Plot (neu) gewoben und so viele Emotionen hineingeschüttet, dass der Moment da ist, indem mir nur mehr die Augen und Herzen anderer Menschen helfen können. Ich habe die letzten Tage noch genossen, in denen die Geschichte nur mir gehörte und freue mich, sie jetzt zu teilen.
Ich bin mit einem super Team gesegnet. Ich habe ja bereits im letzten Post erwähnt, dass die Hexe bereits die erste Hälfte gelesen hat – gleich noch zwei Freund:innen haben das ebenfalls getan. Und ich weiß schon, normalerweise gibt mensch dem engsten Kreis seine Geschichten besser nicht zu lesen, weil die eh immer alles ganz toll finden, und ich kann euch versprechen, dass meine Testleser:innen das ganz bestimmt nicht tun (Grüße gehen raus an die Gräfin Levis und den Magier). Bunt zusammengewürfelt sind sie für mich die beste Erprobung meiner Zielgruppe, sie lesen alle gerne, unterschiedlich viel und z.T. in verschiedenen Genres.
Und ich freue mich, meinen nächsten Menschen meine lang gebaute Welt endlich vorstellen zu dürfen. Die Figuren, die mich schon seit 2016 begleiten und die aus all meinem damaligen Unglück und Frust geboren wurden - ich freue mich schon darauf, euch das Projekt näher vorstellen zu dürfen.
Was im November passiert
Dementsprechend bin ich im November wieder aktiver und möchte besser spät als nie alle neue Abonnentinnen begrüßen, die in diesem sehr ruhigen Monat zu mir gefunden haben. Ich danke euch von Herzen für euer Vertrauen, dass meine Geschichten in euer Postfach segeln dürfen und möchte mich auch bei denen bedanken, die schon länger hier sind: Danke für eure unfassbare Unterstützung.
Im November teile ich endlich meine erste Kurzgeschichte hier mit euch. Es handelt sich um “weiterschleichen”, die einige bereits kennen, wegen der einige überhaupt hier sind und die ich am 10. November veröffentliche. Wenn ihr also diesen Text hier in eurem digitalen Postfach gefunden habt, müsst ihr nichts mehr tun, falls nicht, lade ich euch herzlich zum Abo ein:


Und es kommt noch etwas auf euch zu: Ich habe meinen Traum wiedergefunden. War er denn verloren? Nja. Die, die mir hier schon länger folgen, wissen, dass ich mich seit August damit beschäftige, wie ich mit dem Schreiben Geld verdienen kann, welche Wege es gibt und ob meine Träume nicht vielleicht ein Aspekt sind, der mich mehr aufhält und einzwängt, anstatt meinem Kartensegel dabei hilft, so richtig loszudüsen. Die Antwort folgt Ende November und ganz ehrlich: Ich bin sehr stolz auf diese Erkenntnis, auch wenn sie im ersten Moment etwas düster wirken mag.
Ich habe das Gefühl, mich jeden Monat zu wiederholen, doch ich kann nicht aufhören zu betonen, wie sehr ich es schätze, hier sein zu dürfen. Zu schreiben. Dem nachzugehen, was ich wirklich, wirklich, wirklich liebe.
Die Frage für November: Wie schreibt mensch eigentlich zweite Teile? Kann ich dem Plot aus meinem ersten Band vertrauen, dass er dem neuen Chaos standhalten wird? Wir werden sehen und mit einem fetten Grinsen und aufgeregtem Herzklopfen steche ich in die unbekannte Tinte. Ich gebe nicht auf: Dieses Mal versuche ich, den zweiten Band zu plotten! Wish me luck. Ganz ehrlich, das brauche ich wirklich.
Wie ich jetzt erst so richtig realisiere, dass es dann nicht nur einen, sondern gleich zwei Romane von dir geben wird. Egal wann und wie, ich freue mich so. 😭❤️